Ein Tag auf Martinique

Die Insel Martinique ist seit 1946 französisches Überseedepartement und gehört somit zur Europäischen Union, auch wenn sie auf der anderen Seite des Atlantik in der Karibik liegt.

Wir haben hier den Ausflug „Deutschsprachige Reiseleitung: Ein Tag auf Martinique“ direkt über TUICruises gebucht. Laut Beschreibung stand die Besichtigung einer Rumdestillerie, ein typisches kreolisches Mittagessen, die Besichtigung eines Museums vom Vulkanausbruch im Jahr 1902 sowie anschließender Besichtigung der Stadt Saint Pierre auf dem Programm.

Fort-de-France

Unser Ausflug begann in der Hafenstadt Fort-de-France. Sie liegt an der Westküste der Insel und ist die Hauptstadt Martinique.

Die Hauptstraße der Stadt wurde in den 1960er Jahren auf getrockneten Mangroven errichtet, um die Infrastruktur zu erweitern und dem wachsenden Verkehr gerecht zu werden. Die Einkaufszentren liegen auf Martinique meist am Stadtrand oder gar außerhalb der Stadt, damit sie von überall gut zu erreichen sind. In Fort-de-France ist der Personennahverkehr noch gut ausgebaut, aber gerade am Wochenende und in den ländlicheren Gegenden ist er noch immer sehr spärlich.

Nach einer kurzen Stadtrundfahrt verließen wir die Stadt in Richtung Le Robert an der Ostküste, um von dort aus weiter Richtung Norden nach Saint-Marie zu fahren. Dort befindet sich die Destillerie Saint-James, welche unser erster Stop auf diesem Ausflug war.

Die Geschichte des Rums

Ursprünglich wurde der Zuckerrohr lediglich dazu genutzt, Zucker zu produzieren und diesen nach Europa zu exportieren. Der Rum war hierbei lediglich ein Nebenprodukt der Zuckerherstellug, den man ebenfalls verkaufen konnte. In den 1970er Jahren fingen die Europäer jedoch an, ihren Zucker aus anderen Rohstoffen selbst zu produzieren, so dass die Auslastung der Zuckerrohrplantagen von 70 % auf ca. 12 % fiel. Daraufhin fingen die Martinikaner an, ihr Augenmerk auf die Produktion von hochwertigerem Rum wie dem Rhum Agricole zu legen. Hierbei wird nicht – wie bei normalem Rum – die Melasse vergoren und fermentiert, sondern hier wird direkt der Zuckerrohrsaft gegoren und anschließend destilliert. Der ganze Herstellungsprozess dieses Rums findet auf Martinique statt – vom Anbau des Zuckerrohrs bis zur Abfüllung des fertigen Rums. Allerdings gibt es für die Zertifizierung auch starke Auflagen. So ist genau festgelegt wie viel Zuckerrohr pro Quadratmeter Land angebaut werden darf, wann und wie viel dieser gewässert werden darf, etc.

Aktuell gibt es auf Martinique 7 arbeitende Destillerien. Von dem hierin produzierten Rum werden 85 % in alle Welt exportiert.

Saint-James Destillerie

Die Saint-James Destillerie wurde 1765 in Saint-Pierre an der Westküste der Insel unter dem Namen „Saint Jacques“ gegründet. Damals war der Export von Rum nach Frankreich jedoch untersagt, da man dem Wein keine Konkurrenz machen wollte. Der Rum wurde somit in die britischen Kolonien und nach Amerika exportiert. Allerdings wurde hierfür ein internationaler Name benötigt, so dass aus „Saint-Jacques“ kurzerhand „Saint-James“ wurde. Die Destillerie wurde im Jahr 1902 bei dem verheerenden Vulkanausbruch (siehe unten) zerstört. Daraufhin hat man diese nicht an derselben Stelle, sondern im Osten der Insel neu errichtet, da sich dort auch die Zuckerrohrplantagen in unmittelbarer Nähe befinden.

Zeitweise gehörte die Saint-James Destillerie mal zu Cointreau, seit 2003 ist sie jedoch wieder in der Hand von Martinikanern. Der Saint-James Rum wird heute in über 50 Ländern verkauft, zählt zu den meistverkaufen Rhum Agricole weltweit und gewinnt internationale Medaillen.

Leider beschränkte sich unser Besuch in der Destillerie auf 10 Minuten Rundgang durch das Museum und anschließender 15-minütiger Rumverkostung. Ich weiß zwar nun, welche Sorte des Rums mir schmeckt und welche nicht, jedoch leider immer noch nicht wie genau Rum und der Raum Agricole hergestellt wird.

Typisch kreolisches Mittagessen

Wie bereits erwähnt, gehörte zu unserem Ausflug auch ein typisch kreolisches Mittagessen. Dazu kehrten wir im Restaurant Le Bambou in der Nähe von Morne-Rouge ein. Es gab als Vorspeise eine Fischterrine auf Salat, als Hauptspeise Hühnchen mit Bananenchutney und Reis sowie als Nachspeise eine flambierte Banane mit Rum. Es war alles sehr lecker, gerade auch weil es etwas anderes ist als wir kennen. Leider habe ich jedoch vergessen ein Foto von der Hauptspeise zu machen. Als es mir einfiel, war mein Teller schon leergegessen 🙂

Bananen als Ersatz für Zuckerrohr

Wie bereits erwähnt wurde der Zuckerrohr seit den 1970ern immer weniger abgesetzt. Somit musste ein zweites landwirtschaftliches Standbein her. Man hat sich daher der Banane gewidmet.

Die überall auf der Insel zu findenden Bananenplantagen sind meist kleinere Betriebe. 80% der Bananenernte werden nach Frankreich exportiert, der Rest wird auf Martinique verkauft bzw. verwertet.

Eine Bananenstaude benötigt bis zur Ernte genauso lange wie ein Kind bis zur Geburt: ca. 9 Monate. In den ersten 6 Monaten wächst die Pflanze, in den restlichen 3 Monaten entwickelt sich die Bananenstaude. Die violette Blüte am Ende der Staude fällt ab, bevor die Bananen erntereif ist. Die Staude an sich trocknet nach der Ernte aus, aus den Seitentrieben bilden sich jedoch neue Stauden, so dass eine einzige Staude bis zu 7 mal Früchte tragen kann.

Bananen bestehen zu 80% aus Wasser und benötigen sie 10-12 Liter Wasser pro Tag. Da es auf Martinique außerhalb der Regenzeit jedoch nicht so viel regnet, sind die Plantagen mit Bewässerungssystemen ausgestattet.

Saint Pierre & Vulkanausbruch in 1902

Nach dem Mittagessen ging es frisch gestärkt weiter. Bevor wir nach Saint Pierre fuhren, hielten wir noch kurz am „Maison Regionale des Volcans“ in Le Morne-Rouge, einem kleinen Museum vom Vulkanausbruch. Hier schauten wir uns einen kurzen Film über den Ausbruch an, welcher jedoch leider in (zumindest für mich) schwer verständlichem Englisch und Französisch war. Auch die Informationstafeln dort waren alle in französischer Sprache. Wer wie ich kein Französisch spricht, hat dort leider ein Problem. Daher hat mich das Museum absolut nicht überzeugt und es war nicht tragisch, dass wir nach kurzer Zeit wieder aufgebrochen sind Richtung Saint Pierre.

Modell des Mont Pelé im Museum in Morne-Rouge

Saint Pierre war lange Jahr Hauptstadt Martiniques und Handelshauptstadt für Rum und Zuckerrohr und liegt direkt am Fuße des Vulkans Mont Pelé.

Im April 1902 konnten die ersten Anzeichen für eine Aktivität des Vulkans beobachtet werden. In den folgenden Tagen und Wochen kam es vermehrt zu Ascheregen in der Umgebung sowie zu den ersten Fluchten und Todesfällen von Tieren, die direkt am Mont Pelé beheimatet waren.

Der damalige Bürgermeister beschwichtigte jedoch die Einwohner der Stadt, dort zu verbleiben, schließlich war am 11. Mai 1902 Wahl in der Stadt und jede Stimme wurde benötigt. Außerdem wähnte man sich in Sicherheit, da der Vulkan auf der Nachbarinsel St. Vincent ausgebrochen ist und man glaubte, die Erde hätte sich dadurch wieder beruhigt.

Am Morgen des 8. Mai 1902 erschütterten jedoch heftige Eruptionen die Stadt und das Umland. Eine riesige, heiße Glutwolke raste mit über 600 km/h auf die Stadt Saint Pierre zu, erreichte diese ca. eine Minute nach dem Ausbruch und löschte die Stadt innerhalb von 3 Minuten komplett aus. Alles Brennbare wie Rumfässer, Gasflaschen und Lagerhäuser explodierten und fachten das Feuer somit an. Als die Glutwolke das Meer erreichte, fing dieses an zu kochen und auch die vor Anker liegenden Schiffe verbrannten oder sanken.

Als einer der wenigen Überlebenden der Katastrophe gilt der am Vortag der Katastrophe in Saint Pierre Inhaftierte Louis-Auguste Cyparis. Seine Gefängniszelle war von dicken Mauern umgeben und etwas in die Erde eingelassen, was ihn letztendlich vor der Hitze und Asche schützte und ihm somit das Leben rettete.

Die Ruinen des Gefängnisses und des daneben liegenden Theaters sind noch erhalten und können teilweise betreten werden.

Seit dem verheerenden Ausbruch wird der Mont Pelé als hinterhältiger Vulkan betitelt. Er ist noch aktiv, schläft aber derzeit.

Rückfahrt zum Schiff

Unser Rückweg führte uns von Saint Pierre an der Küste entlang zurück Richtung Fort-de-France und bescherte uns dabei diesen wunderschönen Ausblick auf Saint Pierre mit Regenbogen. Leider versteckte sich der Mont Pelé den ganzen Tag in den Wolken.

Wir fuhren unter anderem durch Bellefontaine, die kleinste und neueste Ortschaft auf Martinique. Sie wurde in den 1950er Jahren gegründet, hat ca. 1.700 Einwohner und hat sich komplett der Fischerei verschrieben. So wird regelmäßig ein 700m langes Fangnetz ausgeworfen und eingeholt. Der gefangene Fisch wird dann unter den Einwohnern aufgeteilt, der Rest wird am Straßenrand fangfrisch verkauft.

Kurz vor der Ankunft in Fort-de-France durchfuhren wir noch die Gemeinde Schœlcher. Hier befinden sich unter anderem der größte Segelclub der Insel, das einzige Kino der Insel, eins von zwei Casinos Martiniques sowie die Universität Schœlcher mit bis zu 6.000 Studenten jährlich. Schœlcher ist eine beliebte Wohngegend aufgrund der Nähe zu Fort-de-France sowie zum Strand.

Die Gemeinde hieß früher Case-Navire und wurde 1888 zu Ehren Victor Schœlchers umbenannt. Schœlcher war Politiker und Abgeordneter der Nationalversammlung. Während einer Geschäftsreise in die heutige Karibik wurde er das erste Mal mit der dort vorherrschenden Sklaverei konfrontiert. Er war über die Haltung der Sklaven zutiefst verwundert und verabscheute diese. In den folgenden Jahren engagierte er sich daher immens, um die Gleichheit von Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe zu beweisen und die Sklaverei abzuschaffen. Er arbeitete daraufhin ein Dekret, aufgrund dessen die Sklaverei am 22. Mai 1848 in Frankreich und somit auch auf Martinique vollständig abgeschafft wurde.

Die Mein Schiff 2 im Hafen von Fort-de-France

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